
„Erfolgreiche digitale Transformation braucht Bildung“
Prof. Dr. Markus Grottke, Prorektor für Forschung und Innovation sowie Professor für ABWL mit dem Schwerpunkt Digital Business an der AKAD University, forscht seit Jahren zum Thema Digitalisierung. Mit der Redaktion des AKAD Blogs hat er über Stolperfallen in der digitalen Transformation und die Rolle der Bildung gesprochen - und darüber, wie Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen dasteht.
Herr Prof. Dr. Grottke, Sie beschäftigen sich tagtäglich und auf vielerlei Ebenen mit der Digitalisierung. Welche sind oder waren aus Ihrer Sicht bisher die größten Stolperfallen für Unternehmen in der digitalen Transformation?
Die größte Stolperfalle für Unternehmen in der digitalen Transformation ist nach meinen Kenntnissen immer die Unternehmenskultur, insbesondere die Fehlerkultur. Aus meinen Feldstudien und Interviews mit Geschäftsführern mittelständischer Unternehmen habe ich erfahren, dass erfolgreiche digitale Transformationen daran hängen, Mitarbeiter zu stärken und zugleich im und außerhalb des Unternehmens sozial zu vernetzen, um diese zu autonomem Handeln im Sinne des Unternehmens zu befähigen. Das hat ganz rationale Gründe: Die Wirtschaft im digitalen Zeitalter ist zu schnell, zu wandelbar, um lange hierarchische Ketten und damit langsame Entscheidungen zuzulassen. Entscheidungen müssen darum vielfach an die Basis verlagert werden. Gleichzeitig können ohne Einbezug der Basis immer weniger Entscheidungen auf Managementebene sinnvoll gefällt werden, weil zu viele Aspekte eine Rolle spielen. Das Problem unvollständiger und asymmetrischer Information potenziert sich hier mit dem exponentiellen Anwachsen der vorhandenen Informationen.
Die größte Stolperfalle für Unternehmen in der digitalen Transformation ist nach meinen Kenntnissen immer die Unternehmenskultur, insbesondere die Fehlerkultur.
Prof. Dr. Markus Grottke
Gibt es hierbei Unterschiede zwischen KMU und großen Unternehmen?
In der Tat gibt es Unterschiede zwischen KMU und großen, kapitalmarktorientierten Unternehmen. Dabei geht es allerdings nicht darum, dass die eine oder die andere Unternehmensform die geeignetere für eine Digitalisierung ist. Beide haben hier Vor- und Nachteile. Ein Beispiel: Ein börsennotierter Konzern verfügt über viel mehr Kapitalmacht, um große IT-Lösungen konzernweit umzusetzen und – für Kostenersparnisse besonders wichtig – Standardisierungen einzuführen. In einem kleinen KMU, da ist der Inhaber wiederum mit fast jedem Mitarbeiter informell vernetzt. Gerade kleine Familienunternehmen haben hier typische soziale Netzwerke mit Kunden und Mitarbeitern viel intensiver aufgebaut als dies in häufig auch etwas bürokratisierten Großunternehmen der Fall ist. Damit sind diese Unternehmen wiederum in Bezug auf die Veränderungen, welche menschliche Arbeitskraft erwarten, besser aufgestellt.

Und wie umgeht man – ob in kleinen oder großen Unternehmen – die oben genannten Stolperfallen und kommt erfolgreich durch die digitale Transformation?
Eine erfolgreiche digitale Transformation braucht Bildung, Bildung und noch einmal Bildung. Denn gerade reflektive Bildung wie sie in einem akademischen Studium erworben wird, bewirkt, dass der einzelne flexibel im Denken wird. Und diese Flexibilität ist eine der ganz klaren Stärken, die man braucht, wenn man in eine Welt gestellt wird, in welcher sich beständig wesentliche Parameter und Rahmenbedingungen des eigenen Geschäfts fundamental ändern.
Vergleicht man Deutschland mit anderen Ländern, kommt immer wieder der Vorwurf, man sei bei uns noch nicht so weit. Wie sehen Sie das?
Ich weiß nicht, ob wir nicht so weit sind oder ob wir vielleicht viel weiter sind als wir denken? Wie weit ein Land oder ein anderes Land ist, bemisst sich ja immer anhand verschiedener digitaler Reifegradindizes. Aus meinen eigenen Analysen von einer Vielzahl von Studien mit digitalem Reifegradindex weiß ich nur zu gut, dass diese Studien stets eine bestimmte Perspektive haben. Wer der Perspektive nicht folgt, kommt ggf. zu einer ganz anderen Einschätzung. Selbst die in Managementkreisen ubiquitären Key Performance Items wie z.B. Umsatz oder Gewinn sind ja für jeden, der sich im Rechnungswesen etwas auskennt, durchaus beeinflussbare Größen. Und so erscheint vielleicht heute nicht so erfolgreich, wer es langfristig viel eher sein wird. Und gerade Deutschland hat mit den Hidden Champions ja eine Unternehmensgruppe, welche davon lebt, dass sie ihre Erfolge gerade nicht in das Rampenlicht stellt, sondern eher verschweigt. Ich bin der Meinung, dass man insofern gerade hier äußerste Vorsicht walten lassen muss. Es ist nicht so ganz leicht, ein Urteil zu fällen – zumindest, wenn es fundiert sein soll. Viel leichter ist es hingegen, einfach zu schauen, was man selbst ganz klar besser machen kann. Dann hat man ein positives Ziel und wird auch Positives bewirken.
Lieber Herr Grottke, vielen Dank für Ihre Einordnung!
Professor:innen zu diesem Thema
Unsere staatlich anerkannten Studiengänge im Fernstudium
Bachelor
Master
Weiterbildungen

Fragen zum Studium

Kostenloses Infomaterial anfordern