Einige Münzen in einem Glas aus dem eine Pflanze wächst

Sustainable Finance: Die Zukunft der Unternehmensführung und Wirtschaftstransformation

Prof. Dr. Markus Grottke im Gespräch mit Prof. Ph.D. Atul K. Shah, Professor für Finanz- und Rechnungswesen an der City University of London

In einer Zeit, in der Sustainability und Umweltschutz zu zentralen Anliegen werden, nehmen Unternehmen eine immer wichtigere Rolle bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft ein. Nachhaltige Finanzen, oft auch als nachhaltige Finanzwirtschaft bezeichnet, sind dabei zu einem Schlüsselelement für die Veränderung des internationalen Wirtschaftsgefüges geworden. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Bedeutung nachhaltiger Finanzen für Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen. 

Was sind nachhaltige Finanzen und warum sind sie wichtig? 

Unter nachhaltigen Finanzen versteht man Finanzierungs- und Investitionstätigkeiten, die ökologische, soziale und governance-bezogene (ESG) Faktoren berücksichtigen. Diese Faktoren haben nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die langfristige Wertschöpfung von Unternehmen. Unternehmen, die nachhaltige Finanzstrategien verfolgen, integrieren ökologische und soziale Verantwortung in ihre Geschäftsmodelle, um langfristigen Erfolg sicherzustellen. 

ESG-Management: Der Schlüssel zur Transformation von Unternehmen 

ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Governance). Unternehmen:innen, die ESG-Faktoren in ihr Management integrieren, streben danach, nicht nur finanzielle Gewinne zu erzielen, sondern auch einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. ESG-Kriterien bieten einen Leitfaden für verantwortungsbewusstes Unternehmertum und können Unternehmen dabei unterstützen, langfristige Risiken zu minimieren und Chancen für Wachstum und Innovation zu identifizieren. 

Die Rolle der Europäischen Kommission und der Bundesregierung 

Die Europäische Kommission hat die Bedeutung nachhaltiger Finanzen erkannt und einen EU-Aktionsplan auf den Weg gebracht, der die Finanzwelt dazu drängt, sich vermehrt auf Nachhaltigkeit auszurichten. Ein zentrales Element dieses Plans ist die EU-Taxonomie, die Kriterien für nachhaltige Finanzprodukte festlegt. Die Bundesregierung unterstützt ebenfalls diese Bewegung und setzt Anreize für Unternehmen, in nachhaltige Projekte zu investieren. 

Grüne Finanzierung und nachhaltige Investitionen 

Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen im Bereich nachhaltiger Finanzen ist die Zunahme grüner Finanzierungsinstrumente wie grüne Anleihen (Green Bonds). Diese Anleihen werden speziell für umweltfreundliche Projekte ausgegeben, wie erneuerbare Energien und nachhaltige Infrastruktur. Sie bieten Investoren die Möglichkeit, in Projekte zu investieren, die sowohl finanzielle Rendite als auch positive Auswirkungen auf die Umwelt bieten. 

Interview: Warum wir nachhaltige und inklusive Finanzen brauchen und wie die AKAD University dazu steht 

Unser Vizepräsident für Innovation und Duales Studium Prof. Dr. Markus Grottke im Gespräch mit Prof. Ph.D. Atul K. Shah, Professor für Finanz- und Rechnungswesen an der City University of London, UK. 

Markus: Atul, wir sind immer wieder auf Finanz- und Bilanzskandale gestoßen, auch in Form der globalen Finanzkrise. Du bist ein weltweit bekannter Experte auf diesem Gebiet: In Bezug auf Bilanz- und Finanzskandale hast Du einen Großteil Deiner eigenen Forschung diesem Bereich, darunter auch dem größten bekannten Bankenskandal Großbritanniens gewidmet. Was hat Dich motiviert, Dich mit diesem unangenehmen Thema zu beschäftigen? 

Atul: Ich bin in einer Kultur aufgewachsen, in der Wahrheit und Fairness sehr wichtig sind und hochgeschätzt werden. Rechnungslegung wurde eigentlich zu einem Beruf geformt, um Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit in die Unternehmensberichterstattung zu bringen. Die Wirtschaftsprüfung ist eine Art forensische Tätigkeit, man stellt traditionell kritische Fragen an den Kunden, um dem öffentlichen Interesse zu dienen und die Gesellschaft vor solchen Skandalen zu warnen. Daher ist das Thema sehr wichtig und es ist etwas Idealistisches, ähnlich wie Polizisten oder Richter im Rechtssystem. Persönliche Ethik und Werte sowie die Unerschrockenheit, die Macht und den Missbrauch von Unternehmen in Frage zu stellen, sind heute so gefragt wie nie zuvor. 

Markus: Das klingt nach einem Bereich, in dem Menschen in der heutigen Geschäftswelt wirklich etwas bewegen können. Aber die Skandale sind ja nicht verschwunden, oder? 

Atul: Leider scheint eher diese Kultur der kritischen Skepsis verschwunden zu sein. Viele Wirtschaftsprüfer prüfen heute nur noch, ob die erforderlichen Unterlagen vorhanden sind, denken aber nicht über das Geschäftsmodell selbst nach, ob das wirklich funktionieren kann. Und natürlich wollen sie es denen recht machen, die ihre Rechnung bezahlen. Die großen Vier, die heutzutage sehr kommerziell orientiert sind, wollen den Kunden gefallen. Sie wollen nett und freundlich und sie nicht herausfordern. Dies wurde durch eine Vielzahl von Untersuchungen und Analysen der Rechtsvorschriften wissenschaftlich belegt. 

Markus: Wo liegt also der Unterschied? Was könnte ein Grund für ein nachhaltiges Rechnungswesen und Finance für junge Wissenschaftler sein? 

Atul: Also, ich wurde in Skepsis geschult, und das ist eine wichtige Fähigkeit, da man entscheiden muss, welche Fragen man stellt, um abzuschätzen, inwieweit die Konten etwas verbergen. Aber es gab auch einfach Finanzierungslösungen, die in die falsche Richtung gingen, z. B. Private-Equity-Gesellschaften, die Pflegeeinrichtungen kauften; ich habe mir ihre Finanzbuchhaltung innerhalb der Gruppe angesehen und festgestellt, dass sie eine ganze Reihe von Finanzstrukturen geschaffen haben, die nur dem Zweck dienten, die Steuern zu minimieren und die Verschuldung zu maximieren, während sie das Funktionieren des Tagesgeschäfts gefährdeten. Wie kann es sein, dass ein solcher Bereich von Private-Equity-Firmen dominiert wird, die sehr gierig, egoistisch und materiell orientiert sind und kein Interesse an der Fürsorge und dem Wohlergehen der künftigen Generationen haben? 

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das forensische Finance- und Rechnungswesen ein sehr interessanter Teil der Rechnungslegung ist, und dass Rechnungslegende und Prüfende, die Zahlen verstehen und lesen können, sehr gefragt sein sollten, weshalb die Universitäten Kurse und entsprechende Abschlüsse anbieten sollten.  

Markus: Aber wer hindert sie daran? Liegt es am mangelnden Interesse der Studierenden? 

Atul: Ganz und gar nicht. Tatsächlich gab es 2009 eine Bewegung unter den Studierenden der Finanz- und Wirtschaftsabteilung der Universität Manchester. Nach dem weltweiten Börsencrash und nachdem die Auswirkungen der Finanzkrise öffentlich bekannt geworden waren, beschlossen die Studierenden dieser Universität, sich zusammenzuschließen, um sich über den Finanzcrash zu beschweren: Sie wollten im Unterricht hören, wie man die Armut bekämpfen kann, und kritisierten, dass die mathematischen Wirtschaftswissenschaften sehr abstrakt seien.

Die Studierenden waren in der ganzen Welt aufgewachsen und hatten viele Teile der Welt kennengelernt, aber sie fanden, dass Finance so abgekoppelt von dieser Welt war und gerade darum einen großen Teil des Problems von Armut und Ungleichheit ausmachte und sie forderten von ihren Professoren, dass wir grundlegend umdenken müssen. Tatsächlich ist es ihnen aber nicht gelungen, den Lehrplan an der Universität zu ändern. Sogar in Südafrika habe ich festgestellt, dass die Studierenden verärgert sind; sie haben Erfahrungen mit der Wirtschaft im Alltag, die sich nicht im Vorlesungssaal widerspiegeln. Und es ist so wichtig, dass junge idealistische Menschen an der Universität unterstützt werden, statt sie abzuweisen und zu isolieren.

Markus: Aber gibt es wirklich keinen anderen Weg als die Standard-Finanz- und Standard-Wirtschaftswissenschaften? Hast Du ein Beispiel für eine andere Art der Bank- und Finanzausbildung? 

Atul: Schau, es gibt keine bessere Realität als die, die durch Beobachtung und Erfahrung gelehrt wird. Deshalb nehme ich meine Studierenden im ersten Jahr, wenn sie neu an der Universität sind, mit ins Feld und weise darauf hin, dass ich wette, dass sie bereits eine ganze Menge wissen. 
Wenn ich sie zu einer Bank mitnehme, sage ich: Geht einfach rein und sprecht mit ein paar Leuten und sagt mir, was ihr denkt. Und dann gehen sie hinein und beobachten und kommen mit ihren Beobachtungen zurück. Ihre erste Beobachtung ist: Da gibt es keine Menschen, sondern nur Maschinen. Die Banken sind nicht an dir interessiert, sie wollen nur dein Geld. 

Markus: Was haben sie noch beobachtet? 

Atul: Wenn du das kaufst, was sie von dir wollen, sind Menschen da, aber wenn du eine Dienstleistung brauchst, dann sind keine Menschen da. Und sie beginnen zu begreifen, was der primäre Sinn einer Bank sein sollte und wie sich dies heutzutage geändert hat. Es bestätigt auch ihre intuitiven Gefühle gegenüber Banken. Und sie sagen: Ich vertraue der Bank nicht wirklich. Und das erlaubt mir, darauf hinzuweisen: Wenn man den Banken nicht vertrauen kann, dann stimmt etwas mit unserem Finanzsystem nicht. Und das könnte ein faszinierender Ausgangspunkt sein, um darüber nachzudenken, wie sich Banken verändern müssen, um eine Zukunft in der Gesellschaft zu haben. 

Markus: Deine Art Unterricht zu geben ist also sehr stark mit dem betreffenden Bereich verknüpft, es geht um Bildung im Kontext. Was steckt hinter diesem Ansatz?  

Atul: Ganzheitliche Bildung ist wichtig. Bildung ist nicht so etwas wie eine Fabrik, sondern eine Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden. Schüler lernen nicht nur mit dem Gehirn, sondern auch von dem Geist und der Denkweise der Lehrenden. Eine problemorientierte Ausbildung wie in einer Fabrik, die nur isolierte Probleme in Modellwelten löst, das ist keine Ausbildung, sondern eine Art roboterhaftes Lernen. 

Markus: Lass uns zu einem anderen Thema kommen, nämlich zu den Banken. Ich habe von dir gelernt, dass es bei allem um Vertrauen geht. Könntest du vielleicht etwas zu den verschiedenen Arten von Banken sagen. Gibt es Vorbilder? 

Atul: Oh ja, ich glaube, die gibt es. Ich bin bei meinen Recherchen auf die skandinavischen Banken, die Handelsbanken gestoßen. Die sind ganz anders. Sie bauen ihre Beziehungen hauptsächlich auf persönlichen Kontakten und Vertrauen auf. Sie wachsen langsam und organisch, aber beständig. 

Markus: Schließlich hast Du ein Buch mit dem Titel "Inclusive and sustainable finance - Leadership, Ethics and Culture" veröffentlicht. Was war die Motivation? 

Atul: Ich war einfach sehr ärgerlich über die Finanztheorie und die Unternehmensfinanzierung, ich war ärgerlich darüber, dass es in jedem Unternehmen nur noch um Kostenminimierung und Gewinnmaximierung geht, während Vertrauen, Kultur und Beziehungen keine Rolle mehr spielen, dass alles nur noch sehr transaktional ist, anstatt mit Geist ausgeführt zu werden. Wenn die eigene Disziplin auf sehr fehlerhaften Annahmen beruht, die zudem alle anderen bestehenden Denkweisen dominieren, sind die Auswirkungen auf die Wirtschaftsausbildung nicht nur enorm, sondern verheerend.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um eine so wichtige Disziplin handelt, ein Fach, das an den Universitäten immer mehr dominiert und dass die Skandale im Finanz- und Bankwesen immer mehr zunehmen und das Fach immer technischer wird, verspürte ich eine innere Dringlichkeit, dies zu beseitigen und die Grundlagen des gegenwärtigen Finanzwesens zu erschließen. Ich möchte zeigen, wie unhaltbar diese Art des Finanzwesens ist und zeigen, wie eine gangbare Alternative aussehen könnte. Die funktionieren an anderen Orten bereits seit Ewigkeiten. Ich habe Führungskräfte interviewt, die diese Prinzipien nutzen, um ihre Geschichten zu zeigen und wie sie sich eine andere Art von Finanzen vorstellen. 

Markus: Das klingt großartig. Ich denke, wir alle brauchen inspirierende Beispiele, um alternative Konzepte zur Hand zu haben, die auch wirklich funktionieren; reiner Idealismus reicht hier nicht aus. 
Und was können die Studierenden der AKAD aus Ihrer Forschung mitnehmen, um selbst nachhaltige Finanzen zu praktizieren? 

Atul: Sie müssen sich ansehen, wie Finanzen funktionieren, und sich in diesem Bereich weiterbilden. Sie müssen selbst herausfinden, was falsch ist. Es gibt die grundlegende wirtschaftliche Idee, dass jeder Mensch egoistisch ist. Das ist Unsinn: Ich habe einen Milliardär interviewt, der ausdrücklich gesagt hat, wenn jemand glaubt, dass Geld glücklich macht, dann muss er ihm aus seiner Erfahrung sagen, dass das völlig falsch ist. Stattdessen sagt er, dass das Glück vom Teilen, Geben und Leben kommt. Er spendete 80 Millionen Dollar in Indien, um ein Museum für Nachhaltigkeit zu errichten. Sein ganzes Denken dreht sich um das Geben und die Unterstützung der Gesellschaft. Diese Art von Führungskraft kann ein Vorbild sein. Das Problem ist: Während sie in der Praxis einen riesigen Unterschied machen, werden sie in den Lehrbüchern, die ein völlig anderes Bild der Welt zeichnen, kaum berücksichtigt. Wir brauchen andere Modelle für die Finanzierung, für die Mikrofinanzierung, und wir müssen zeigen, wie sie das Leben der Menschen verbessern können. 

Markus: Vielen Dank für Dein Interview, Atul. Ich stimme dir vollkommen zu. Und ich bin froh, dass wir bei AKAD Studiengänge haben, wie z.B. unsere Bachelorstudiengänge in Banking and Finance und hoffentlich in Zukunft auch Master in Digital Banking and Finance, bei dem die Studierenden von deinen Einsichten profitieren können. 

Die Rolle von AKAD University in der nachhaltigen Finanzwirtschaft 

AKAD University versteht die Bedeutung von nachhaltigen Finanzen für die Zukunft der Wirtschaft und bietet ein umfassendes Fernstudienprogramm an, das die nächste Generation von Führungskräften auf diese Herausforderungen vorbereitet. Unsere Studierenden lernen nicht nur die Grundlagen nachhaltiger Finanzen kennen, sondern auch, wie sie diese Prinzipien in ihre zukünftigen Berufe integrieren können. Wir glauben daran, dass Bildung der Schlüssel zur Transformation von Unternehmen ist. 

Fazit: Nachhaltige Finanzen als Motor für Veränderung 

Die Bedeutung nachhaltiger Finanzen kann nicht unterschätzt werden. Unternehmen, die nachhaltige Finanzstrategien übernehmen, werden nicht nur ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Herausforderungen stärken, sondern auch zur positiven Veränderung der Gesellschaft beitragen. ESG-Management, grüne Finanzierung und nachhaltige Investitionen sind entscheidende Instrumente, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und die Wirtschaft auf einen verantwortungsbewussten Wachstumspfad zu lenken. 

Über die Autor:innen

Prof. Dr. Markus Grottke

Prorektor für Innovation und Duales Studium

Prof. Dr. Markus Grottke ist Prorektor für Innovation und Duales Studium an der AKAD University. Zusätzlich ist er als Professor für ABWL mit Schwerpunkt Digital Business tätig. Seine Expertise erstreckt sich über verschiedene Bereiche des Digital Business, wissenschaftliches Arbeiten, Digital Management, Kommunikation, Humanwissenschaften, Controlling & Industrie 4.0. Prof. Dr. Markus Grottke verbindet fundierte wissenschaftliche Expertise mit praktischer Industrieerfahrung und trägt maßgeblich zur Entwicklung des Digital Business und der Unternehmensführung an der AKAD University bei.

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